Frau Wolle und der Duft von Schokolade

Coverfoto Frau Wolle und der Duft von Schokolade
Copyright: Hanser

von Jutta Richter
Hanser, 2018
gebunden, 142 Seiten
ab 10 Jahren
ISBN 978-3-446-26052-8
13,– Euro

„Niemals einem Troll vertrauen. Bei Gefahr nach hinten schauen! Folge stets dem Waisenfuchs, er hat Ohren wie ein Luchs.“

Als die Autorin Jutta Richter ein kleines Mädchen war, da hat ihr Papa ihr jeden Sonntagmorgen ihr Lieblingsbuch vorgelesen: „Die Geschichten aus der Murkelei“ von Hans Fallada.

Und als das Buch ausgelesen war, da bettelte die kleine Jutta so lange um neue Geschichten, dass ihr Vater sich selbst welche ausdachte und sich und seiner Tochter damit den Sonntag verschönte.

Jetzt ist Jutta Richter lange erwachsen und eine sehr erfolgreiche Kinderbuchautorin, aber die Geschichten aus der Murkelei begleiten sie noch immer. Und so hat sie nun selbst eine Geschichte darüber geschrieben und sie in die heutige Zeit versetzt.

Zu Merle ( 12) und Moritz ( 8), deren Mama als Krankenschwester in der Nachtschicht arbeitet und deren Vater ganz weit weg in St. Petersburg lebt. Dort führt er durch das Nachtprogramm und Merle und Moritz können ihm zuhören. Über ein Radio, das man Weltempfänger nennt, und dem sie nachts heimlich unter der Bettdecke lauschen. So haben sie ihren Vater immer nah bei sich, zumindest seine Stimme.

Das Unheil beginnt, als ihre Mutter eine Nachtfrau engagiert. Sie soll Moritz und Merle zu Bett bringen, nachts auf sie aufpassen und ihnen am nächsten Morgen das Frühstück zubereiten. Das wollen Moritz und Merle natürlich nicht und schon gar nicht wollen sie Gesine Wolkenstein als Nachtfrau haben. Die hat schmale Lippen und unheimliche Augen und man munkelt in der Straße, dass sie in ihrem schwarzen Laden Kinder verschluckt.

Gesine Wolkenstein versucht die Kinder mit ihrem schwarzen Kakao mit Sahne einzuschläfern, aber Moritz und Merle schlafen nicht.  Denn der Weltempfänger rauscht so, als ob ihr Vater mit ihnen reden wollte. Hinter der Zimmertür flackert ein Licht, als ob eine Fackel brennen würde und die Tür ist plötzlich schwarz ( statt weiß), und über und über mit Schnitzereien verziert. Umrankt von goldenen Blüten steht dort nur ein Wort: MURKELEI.

Die Kinder trauen sich durch die Tür und betreten damit das Reich der bösen Spitzzahntrolle. Die tragen Schokoladenschwerter, spucken beim Sprechen und  reden nur in Reimen. Außerdem versuchen sie, den Kindern schwarze Schokolade in den Mund zu stopfen, damit die sich auch in Spitzzahntrolle verwandeln.

Doch Moritz und Merle können fliehen und die Murkelei im letzten Moment verlassen. Dabei verlieren sie aber ihren Weltempfänger und damit die Stimme ihres Vaters…

Haben sie den Mut, noch einmal in die „Murkelei“ zu gehen und das Radio dort in den verwinkelten Gängen und Tunneln zu suchen? Und wie kann ihnen der graue Waisenfuchs Silberträne dabei helfen? Oder die bunte Eisvogelfeder, die Frau Wolkenstein ihnen geschenkt hat. Und was spielt der zerknüllte Zettel in Merles Butterbrotdose für eine Rolle, auf dem 5 „Regeln für die Murkelei“ stehen?

Jutta Richter hat eine sehr eigenwillige, spannende, aber gleichzeitig auch zauberhafte Geschichte geschrieben.  Mit Figuren wie Merle und Moritz, die dem Leser schnell ans Herz wachsen, aber auch mit der gruseligenFrau Wolkenstein, die immer von einer dunklen, geheimnisvollen Aura umgeben zu sein scheint.

Den Ort der Handlung, die Murkelei, hat Jutta Richter sehr poetisch, fantasievoll und detailreich beschrieben. Zum Beispiel die verwinkelten Gänge mit ihren scharlachroten und saphirblauen Wegen, die von kleinen goldenen Pfeilen und Salamandern, aber auch von schwarzen Monsterspinnen mit roten Kreuzen auf dem Rücken, bevölkert sind. Oder das „Spielzimmer der verschwundenen Lieblinge“, in dem Moritz sogar seinen verlorenen Fidibus wiederfindet.

Die Murkelei ist schön und schaurig zugleich, aber gleichzeitig übt sie auch eine besondere Faszination aus. Und so ist es nicht verwunderlich, dass man gar nicht aufhören kann, die fesselnde Geschichte immer weiterzulesen bis zum überraschenden Schluss.

Ein wunderbares, äußerst liebevoll gestaltetes Buch für die ganze Familie, mit sehr stimmungsvollen und farbenprächtigen Illustrationen, die herrlich zur Geschichte passen.

Monika H.

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