Sommerferien Special- Fanfiction

Coverfoto Die drei Fragezeichen im Auge des Sturms
Copyright: Kosmos

Die drei ??? im Auge des Sturms
von Kai Erlhoff und Silvia Christoph
Kosmos, 2018
gebunden, 144 Seiten
ab 10 Jahren
ISBN 978-3-4401-4840-2
8,99 Euro

„Findet Finley!“, stammelt der verletzte Surfer – dann verliert er das Bewusstsein. Doch wer ist Finley? Und welcher Gefahr ist er ausgesetzt? Justus, Peter und Bob begeben sich auf eine rasante Suche kreuz und quer durch Rocky Beach. Im Laufe ihrer Ermittlungen werden die drei ??? auf einen mysteriösen Verfolger treffen, sich gewaltig ekeln und seltsame Notizen finden. Vor allem aber muss Peter seine Fähigkeiten als Surfer unter Beweis stellen. Wird es den drei Freunden gelingen, Finley rechtzeitig zu finden und zu warnen? Die Zeit wird knapp, denn ein gewaltiger Sturm zieht auf!

Corinna Struck ( 21 Jahre) hat mit ihrem Text den 3. Platz im Fanfiction- Wettbewerb gewonnen.

Sie schreibt: Die folgende Fanfiction ist eine eigenständige Geschichte über die drei Fragezeichen, drei junge Detektive aus der fiktiven Stadt Rocky Beach bei Los Angeles. Handlungsspielraum ist größtenteils nur die Detektivzentrale auf dem Schrottplatz, die in beinahe jedem Buch der Reihe vorkommt. Die Geschehnisse stellen einen mehr oder weniger klassischen Beginn eines neuen Falls für die Detektive dar, in dem sie im Laufe der Handlung ermitteln.

Mein Text handelt von dem Überfall eines Horror-Clowns auf den zweiten Detektiv, Peter Shaw. Er kann seinem Angreifer entkommen und verbarrikadiert sich zusammen mit seinen beiden Freunden Justus Jonas und Bob Andrews in ihrem Hauptquartier. Dort beratschlagen sie über den Vorfall…

ROTE AUGEN

Die Abenddämmerung brach über Rocky Beach an. Es war der Vorabend vor dem ersten November, Halloween. Ein eisiger Wind fegte durch die Straßen wie ein dunkler Vorbote aus dem Jenseits- so zumindest empfand es Peter. Fröstelnd zog er sich den Reißverschluss seiner Jacke bis unters Kinn und schlang die Arme um sich, während er missmutig in Richtung Schrottplatz trottete. Er mochte Halloween nicht- und noch weniger gefiel es ihm, zur selben Zeit wie all die Spukgestalten unterwegs zu sein. Beinahe ärgerte er sich über sich selbst, dass er sich von Justus und Bob dazu hatte überreden lassen, einen Filmeabend mit etlichen Horror-Streifen in der Zentrale zu veranstalten. Gruselgeschichten schlugen ihm immer irgendwie aufs Gemüt, auch wenn ihm bewusst war, dass sie nicht der Realität entsprachen.  Nachdenklich wanderte sein Blick zu einer Skelett-Puppe, die von einem improvisierten Galgen in einem Vorgarten baumelte und von den aufkommenden Böen hin und her geschaukelt wurde. Auf der Veranda des Nachbarhauses stand sogar ein echt aussehender Sarg aus Holz. Peter schauderte. Er hatte nie verstanden, warum die Menschen sich unbedingt für einen Abend in Zombies, Hexen oder Vampire verwandeln wollten.  Eine Gruppe von blutverschmierten Kindern kam ihm entgegen, gewappnet mit riesigen Tragetaschen, von denen bereits einige zur Hälfte mit Süßigkeiten gefüllt waren. Das würde Justus gefallen, dachte der zweite Detektiv und grinste. Von Schokolade konnte sein Kollege einfach nicht die Finger lassen! Als er dann aber in die nächste Straße einbog, verflog sein Lächeln schlagartig: Nur wenige Meter vor ihm auf dem Bürgersteig stand eine seltsame Erscheinung in der Mitte des Weges: Es war eine schwarz gekleidete Gestalt mit der hämisch verzerrten Maske eines Clowns, die Peter aus rot glühenden Augen anstarrte. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, sofort blieb er stehen. Untote waren das eine, aber warum ausgerechnet Clowns? Dennoch musste er sich eingestehen, dass das Kostüm einen außergewöhnlich guten Eindruck auf ihn machte- zumindest gruselte er sich. Und das war doch der Sinn an einer Halloween-Verkleidung, oder etwa nicht? Nachdem er den ersten Schrecken überwunden hatte, nahm der Junge all seinen Mut zusammen und ging langsam auf die Spukgestalt zu. Der Schrottplatz lag nur noch wenige hundert Meter vor ihm, und der schnellste Weg führte an dem Clown vorbei. Und warum sollte Peter sich ausgerechnet an Halloween die Blöße geben, vor einem Grusel-Fanatiker zu flüchten? So ruhig wie möglich schritt er an der unheimlichen Gestalt vorbei, ohne sie anzusehen. Dennoch bemerkte er aus den Augenwinkeln, wie die rot funkelnden Augen ihm mit ihrem Blick folgten. Der zweite Detektiv zwang sich, sich nicht umzudrehen. Rasch beschleunigte er seinen Schritt. Energisch hallten die Laute seiner Schuhe von der Straße wider. Dann ertönten urplötzlich schnelle Laufschritte hinter ihm. Ehe Peter sich versah, stürzte sich jemand auf ihn und riss ihn gewaltsam zu Boden. In seiner Panik schrie er und wehrte sich aus Leibeskräften gegen den Angreifer. Auf dem Rücken liegend erblickte er über sich die hämische weiße Fratze des Clowns, dessen teuflische Augen ihn in seiner Angst blendeten.  Peter hielt inne, vor Entsetzen gelähmt, als er den spitzen Gegenstand in der einen Hand der Gestalt erblickte: Es war ein Messer, dessen Klinge gefährlich im matten Licht der Straßenbeleuchtung schimmerte. Langsam senkte der Clown die Schneide herunter auf die Brust seines Opfers. Reflexartig rammte Peter dem Angreifer das Knie in den Unterleib. Der stöhnte sogleich auf und krümmte sich vor Schmerzen zusammen. Diese Gelegenheit nutzte der zweite Detektiv, um die Spukgestalt zur Seite zu Stoßen und aufzuspringen. Der Junge nahm die Beine in die Hände und rannte los, so schnell er konnte. Jeder Atemzug brannte ihm wie ein Feuer in der Lunge, aber das war ihm jetzt egal. Der Schrottplatz war nicht mehr weit…

»Verdammter Videorekorder!«, schimpfte Bob, während er mit der flachen Hand auf das Gerät klopfte, »Ständig dieses verschwommene Bild! Das Ding muss kaputt sein!« Justus, der seelenruhig auf dem Sofa der Zentrale lag und sich gerade einer Handvoll Chips bediente, entgegnete: »Dann liegt das vielleicht weniger an dem Rekorder, sondern mehr an den Kassetten. Die Aufnahmen sind schließlich nicht mehr die Jüngsten.« Sein Freund verdrehte genervt die Augen und murmelte: »Du musst es ja am besten wissen, Erster. Immerhin hast du den ganzen Krempel ja angeschafft! Besorgst du eigentlich jede unserer Apparaturen hier auf dem Schrottplatz?« -»Gebrauchtwarencenter«, korrigierte Justus kauend, »Mein Onkel betreibt einen Wertstoffhandel. Natürlich sind die Sachen nicht alle nagelneu, aber dafür…« Krachend flog die Tür zur Zentrale auf. Herein stolperte Peter, kreidebleich, und warf die Tür sogleich wieder hinter sich zu. Zitternd tastete seine Hand nach dem Schlüssel und drehte ihn gleich zweimal im Schloss um, nur um sicherzugehen. Vorsichtshalber drückte er die Klinke noch einmal herunter um sich zu vergewissern, dass der Eingang wirklich verschlossen war. Dann lehnte er sich keuchend an die Wand und krallte sich mit einer Hand am Tisch fest. »Was ist denn mit dir los, Zweiter?«, fragte Bob verwundert, »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!« Justus allerdings begriff sofort, dass etwas mit Peter nicht stimmte: Sein Freund wirkte apathisch und verstört, Angstschweiß rann ihm von der Stirn. Sogleich war der erste Detektiv bei ihm und musterte ihn besorgt. »Was ist denn passiert?«, wollte er wissen, doch Peter gab keine Antwort. Er war wie gelähmt. Justus griff nach seinem Handgelenk. »Sein Puls rast!«, stellte er fest, »Und er ist sehr kalt! Ich glaube, er hat einen Schock erlitten!« Zusammen mit Bob geleitete er ihren leichenblassen Kollegen behutsam zur Couch. Seinen Kopf betteten sie vorsichtig auf die Armlehne und verlagerten seine schwachen Beine mit mehreren Kissen in eine höher gelegene Position. Anschließend deckten sie ihn zu. Das, so wussten sie aus Erfahrung, war unheimlich wichtig bei einem Schock, um den Betroffenen vor einer Unterkühlung zu schützen. Voller Beunruhigung musterten seine Freunde ihn. »Ob wir einen Notarzt rufen sollen?«, überlegte Bob. »Wenn sich sein Zustand in den nächsten fünf Minuten nicht gebessert hat, werden wir es wohl müssen«, meinte der erste Detektiv und blickte nachdenklich zur Tür. »Was da wohl los war? Und warum hat Peter so hektisch hier abgeschlossen?«  Verstohlen spähte Justus durch die Fensterläden nach draußen. Durch die Dunkelheit konnte er jedoch nicht mehr als die schwachen Lichter der fernen Straßenlaternen ausmachen. »Clown!« Als Peter das Wort leise aussprach, starrten seine Kollegen ihn überrascht an. »Wie war das?«, wollte Justus wissen. Der zweite Detektiv sah ihn an und wisperte mit brüchiger Stimme: »Es war ein Clown. Er ist mit einem Messer auf mich losgegangen!« Bob runzelte die Stirn. »Es ist Halloween«, sagte er, »Glaubst du nicht, dass es einfach ein böser Scherz war?« Langsam fand Peter seine Worte wieder. Forsch erwiderte er: »Natürlich war es nur ein Scherz, deshalb wollte er mir ja auch nur meinen Bauch aufschlitzen!« Grübelnd knetete Justus seine Unterlippe. »Selbst wenn es sich dabei nur um einen Streich gehandelt haben sollte, sollten wir die Polizei informieren«, meinte er finster, »Einen Angriff vorzutäuschen geht entschieden zu weit! Du hättest verletzt werden können!«

Während der erste Detektiv also im Büro von Inspektor Cotta anrief, kümmerte der dritte sich weiterhin um Peter, der sich allmählich wieder zu beruhigen schien. »Ist dir noch kalt?«, erkundigte sich Bob. Sein Kollege schüttelte müde den Kopf. »Das nicht«, sagte er, »aber einen Durst habe ich jetzt.« Sofort reichte sein Freund ihm eine Wasserflasche, die Peter in gierigen Zügen leertrank. »Schon besser!«, murmelte er und setzte sich vorsichtig auf.  Soeben beendete Justus das Telefonat. Mit nachdenklichem Blick drehte er sich zu den beiden anderen um und berichtete: »Man hat mir erzählt, dass bereits ein Streifenwagen losgeschickt wurde. Offenbar war Peter nicht der Einzige, dem der Clown begegnet ist. Außerdem habe ich die Anweisung bekommen, dass wir auf keinen Fall die Zentrale verlassen sollen, bis wir Rückmeldung erhalten! Die ganze Sache scheint ernst zu sein.« -»Ein Horror-Clown«, sagte der zweite Detektiv und lachte nervös, »Wie albern! Warum sollte jemand in so einer Verkleidung Leute erschrecken wollen?« Justus erklärte ihm daraufhin: »Ob du es glaubst oder nicht, Zweiter, es gibt viele Menschen, die Angst vor Clowns haben. Coulrophobie nennt sich dieses Phänomen und ist meist auf eine traumatische Erfahrung mit diesen sonst so lustigen Zeitgenossen zurückzuführen.« Er überlegte. »Andererseits würde man von einem Clown auch nicht erwarten, dass er gefährlich ist. Praktisch ist es die perfekte Tarnung für ein Verbrechen!« Peter schnaubte. »Also von dem auf der Straße hätte ich alles andere erwartet als eine nette Unterhaltung«, entgegnete er, »Seine Augen haben nämlich rot geleuchtet!«  -»Klingt für mich so, als hätte die Person sich viel Mühe bei seinem Auftreten gegeben«, warf Bob ein, »Vermutlich hatte sie den Überfall vorher geplant!« Der erste Detektiv nickte zustimmend und sagte: »Das vermute ich auch. Fragt sich nur, ob dieser Clown es von Anfang an auf Peter abgesehen hatte oder er sich ein zufälliges Opfer gewählt hat.« Peter erstarrte. »Wer sollte mir denn plötzlich an den Kragen wollen?«, rief er ängstlich, »Und woher sollte dieser jemand gewusst haben, dass ich genau heute zu Fuß hierher kommen würde?« -»Wusste denn jemand davon?«, harkte Justus nach. Sein Kollege zuckte mit den Schultern.  »Vermutlich nicht«, meinte er, »Dafür müsste er mich vorher beobachtet haben, nur um mich dann später in der Verkleidung abzupassen!« Innerhalb der nächsten Stunde begannen die drei Fragezeichen damit, die wildesten Spekulationen über den kuriosen Angreifer aufzustellen. Am Ende jedoch waren sie noch immer ratlos. Die ganze Situation erschien ihnen völlig irrsinnig.

Irgendwann wurde es Mitternacht, und noch immer gab es keine Rückmeldung von der Polizei. Ab und zu spähten die drei Jungen aus dem Fenster. Abgesehen von einem Polizeiwagen, der vorbeifuhr, lag die Straße allerdings verlassen da.  Das lange Warten glich einer Folter. »Sollten wir nicht einfach noch mal auf dem Präsidium anrufen?«, schlug der zweite Detektiv vor, aber Justus schüttelte den Kopf. »Die werden uns bestimmt nicht vergessen haben«, meinte er, »Geben wir dem Ganzen noch etwas Zeit.« Um das Nichtstun etwas zu überbrücken, schalteten sie das Radio ein. Sie bekamen noch das Ende eines alten Liedes mit, ehe eine Sprecherin eine Durchsage verkündete: »Noch immer fahndet die Polizei von Rocky Beach mit einem Großaufgebot nach dem Kostümierten, der in den vergangenen drei Stunden gleich mehrere Leute auf offener Straße attackiert haben soll. Es wird geraten, zuhause zu bleiben und die Augen offen zu halten. Hinweise melden Sie bitte an die örtlichen Wachen.« Die drei Detektive sahen sich an. »Unser Clown ist also noch auf freiem Fuß«, murmelte Bob, »Und anscheinend ist er schon auf mehrere Leute losgegangen. Klingt für mich, als würde er wahllos bei der Suche seiner Opfer vorgehen.« -»Soll mich das jetzt etwa beruhigen?«, erwiderte Peter gereizt. »Natürlich nicht!«, gab Bob zurück, »Ich will damit ja nur sagen, dass du…« In diesem Moment klingelte das Telefon und ließ alle drei zusammenzucken. Justus sprang zum Hörer und hob ab. »Justus Jonas am Apparat«, meldete er sich aufgeregt. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war es die Polizei, die anrief. Schweigend lauschte der erste Detektiv der Person am Ende der Leitung. Plötzlich erblasste er. »Das ist ja furchtbar!«, entfuhr es ihm. Peter und Bob tauschten einen entsetzten Blick aus. Als Justus aufgelegt hatte, fragte Peter sofort: »Was ist denn passiert? Du zitterst ja, Just!« In der Tat war seinem Kollegen nun reichlich unwohl zumute. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und schlug die Hände vor den Mund. Seine Augen waren vor Schreck geweitet. »Jetzt sag uns endlich, was los ist! «, forderte Bob ihn auf. Justus atmete tief durch und begann zu erzählen: »Inspektor Cotta war am Apparat. Er sagte, dass der Verdächtige noch nicht gefasst wurde und wir unbedingt hier in der Zentrale bleiben sollen…« Er verstummte. »Das wissen wir ja schon!«, rief Peter ungeduldig, »Was hat er dir noch gesagt? Gab es Verletzte? « Langsam schüttelte Justus den Kopf. »Das nicht«, sagte er leise, »aber es gab einen Mord!«

 

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