Abgefahren

Coverfoto Abgefahren
Copyright: Hanser

von Dirk Pope
Hanser, 2018
Paperback, 232 Seiten
ab 16 Jahren
ISBN 978-3-446-25875-4
15,00 Euro

„Seine Laune sinkt auf den Nullpunkt, in den Minusbereich. Schon jetzt. Nicht dass er irgendwelche Erwartungen an diesen Tag gehabt hätte. So weit würde Viorel nicht gehen Doch ich plagt die Gewissheit, diese Reise schlecht geplant zu haben. Weil er gar nichts geplant hat. Er hat intuitiv gehandelt, aus seinem fetten Bauch heraus.“

Viorels Mutter ist gestorben. Ganz plötzlich. Sie saß tot am Küchentisch als er aufgestanden ist. Er hat ihren Pass genommen, den Leichnam in seinen Schlafsack gewickelt, ihn im Kofferraum des alten Corsa verstaut und ist losgefahren. Ohne Führerschein, einfach weg. Richtung Rumänien, dort wo seine Mutter herstammt und wo sie begraben werden wollte. Viorel hat sich nicht vorbereitet, keinen Koffer gepackt, keinen Proviant dabei und nur 300 Euro, mehr hat er nicht gefunden auf die Schnelle. Er ist 17 und nicht gewöhnt, allein etwas zu planen. Geschweige denn allein etwas durchzuführen. Und jetzt braust er mit knurrendem Magen durch den Regen. Er weiß nicht genau, wo er die Leiche hinbringen soll, er weiß nur, dass es einen ihm unbekannten Onkel in Rumänien gibt. Von dem kennt er nur den Namen und den Ort, wo er leben soll.

Auf dem Weg zur Schwarzmeerküste nimmt Viorel einen merkwürdigen Anhalter mit. Der erzählt ihm stundenlang von Vampiren und Untoten, die es in Rumänien geben soll. Als er Viorel mitten in einer Gott verlassenen Gegend bittet, ihn abzusetzen, passiert ein Unglück und plötzlich hat Viorel die zweite Leiche im Auto….

Dieses Buch ist im wahrsten Wortsinn „ abgefahren“. Dirk Pope erzählt ein Roadmovie, das den Leser  über 2500 km weit von Deutschland über Österreich und Ungarn bis nach Rumänien ans Schwarze Meer führt. Mitten durch den „Wilden Osten“  Siebenbürgen und  Transsylvanien, das Land der Vampire und Untoten.

Mit einem Anti-Helden als Protagonisten, der fett, fresssüchtig, uninspiriert, antriebslos und ängstlich ist. Und trotz seiner 17 Jahre ein wenig kindlich wirkt. Der jede Menge skurrile Menschen auf seinem Weg trifft und sich auf sie einlässt — und dadurch in unvorstellbare Situationen gerät. Bis er sich schließlich selbst nicht mehr wiedererkennt und beschließt sein Leben zu ändern.

Das ist mal witzig, mal aberwitzig, immer völlig schräg und neben der Spur. Der Autor hat ein Gespür für außergewöhnliche Menschen und ihre Abgründe, die er liebevoll und mit einem Augenzwinkern herausarbeitet.

Dirk Pope schreibt sein Roadmovie in kurzen, knappen Sätzen mit trockenem Humor und viel Sprachwitz. Seine Landschaftsbeschreibungen sind detailliert und sehr plastisch, obwohl sie mir an manchen Stellen fast etwas zu detailliert und ausführlich geraten sind.

Wer sich darauf einlassen kann, wird beim Lesen lachen, traurig sein, den Kopf schütteln oder den Atem anhalten vor Schreck– und sich wundern, was ein Mensch sich so alles ausdenken kann beim Schreiben. Der Titel des Buches ist wirklich Programm- “abgefahren” eben.

Das Buch wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2019 nominiert.

Monika H.

Und hier kommt noch eine zweite Meinung zu diesem Buch:

Doch ihn plagt die Gewissheit, diese Reise schlecht geplant zu haben. Weil er gar nichts geplant hat. Er hat intuitiv gehandelt, aus seinem fetten Bauch heraus. Und das erscheint ihm als Voraussetzung für das, was auf dieser Fahrt passieren kann, alles andere als optimal.

Viorel hat ein Riesenproblem. Er ist siebzehn, seine Mutter ist plötzlich gestorben. Der letzte Wunsch seiner Mutter war es, in ihrer Heimat Siebenbürgen bestattet zu werden. Doch Siebenbürgen liegt in Rumänien und Viorel hat kein Geld, um eine Beerdigung und den Transport seiner Mutter nach Rumänien zu bezahlen. Kurzerhand legt Viorel den Leichnam seiner Mutter in den Kofferraum ihres Autos und macht sich auf den Weg nach Rumänien.

Hinter Györ zieht sich die Autobahn in einer langen Geraden ostwärts. An Budapest vorbei bis Großkumanien und Hajdu-Bihar. Stundenlang, Hunderte Kilometer.

Dieses Buch hat mich unglaublich begeistert. Trotz des traurigen Themas ist die Geschichte oft humorvoll, aber auch sehr tiefgründig. Viorel begegnet auf seiner Reise ganz unterschiedlichen Lebensvorstellungen und Gesellschaftsformen. Dabei lernt er nicht nur Dinge über sich selbst…

Auch ohne Geographiekenntnisse ist Viorels Reiseroute leicht nachzuvollziehen, da eine Karte im Buch abgedruckt ist und bei jedem Kapitel die Anzahl der gefahrenen Kilometer steht. Viorel durchquert mehrere Länder, von denen du bestimmt noch nicht alle bereist hast.

Ich empfehle dir „Abgefahren“ zu lesen, wenn du eine ungewöhnliche Reisegeschichte lesen möchtest. Auch wenn du eine besondere Geschichte genießen möchtest, sei dir dieses Buch ans Herz gelegt.

Katrin Berszuck, 19 Jahre

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