Ein bisschen wie Unendlichkeit

Coverfoto Ein bisschen wie Unendlichkeit
Copyright: Fischer KJB

von Harriet Reuter Hapgood
aus dem Englischen
von Susanne Hornfeck
Fischer KJB, 2017
gebunden, 384 Seiten
ab 14 Jahren
ISBN: 9783737340335
16,99 Euro

 Wer sich seine Bücher erst mal nur nach dem Cover aussucht, der ist bei diesem hier natürlich genau richtig. Das Cover ist echt wunderschön und liebevoll gestaltet und zieht einen magisch an. Aber reicht das auch? In diesem Fall muss ich leider sagen: Nicht ganz. Ich habe mir das Buch auch wegen seines Covers ausgesucht und bin ein bisschen enttäuscht. Das Cover und der Klappentext versprechen eine andere Geschichte, als die, die im Buch letztendlich drin steht. Laut Klappentext soll es um eine verloren geglaubte Kinderliebe gehen, die in den Sommerferien wieder aufblüht. Doch in Wirklichkeit geht es um viel mehr.

Seit dem Tod von Gotties Opa ist nun fast ein Jahr vergangen und sie steckt immer noch in tiefer Trauer. Doch in diesem Sommer verändert sich einiges und sie wird aus ihrem Trauerzustand wachgerüttelt. Nicht nur ihr großer Bruder Ned kommt wieder nach Hause, sondern auch ihr bester Freund Thomas, der vor einigen Jahren weggezogen ist.

Doch die größte Veränderung sind die „Wurmlöcher“, in die Gottie regelmäßig gesogen wird. Dort erlebt sie einen Moment aus dem vergangenen Sommer  und kehrt  wieder zurück in die Gegenwart. Ist die Zeit dort vergangen, kann sie sich an nichts mehr erinnern. Sie spricht noch vor den Ferien mit ihrer Physiklehrerin darüber, die ihr eine Hausarbeit zu dem Thema aufgibt. Gottie ist sehr an Mathematik und Physik interessiert und in diesen Bereichen sehr begabt, sodass sie sich gerne damit beschäftigt und versucht herauszufinden, was der Grund für ihre kurzen ungewollten Zeitreisen ist. Also versucht sie in diesem Sommer mit so vielem klarzukommen: Sie muss sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, muss wieder lernen auf ihre eigene Familie und Freunde zuzugehen und dabei will sie das Rätsel um die Wurmlöcher lösen.

Das ist meiner Meinung nach das Interessanteste an der Story: Die Sache mit den Wurmlöchern. Es geht zwar viel um Mathematik und Physik – wovon ich, nebenbei bemerkt, überhaupt nichts verstehe – aber dennoch haben diese Wurmlöcher etwas Magisches an sich. Das war allerdings auch ein Problem, denn ich konnte mich die ganze Zeit über nicht entscheiden, ob es eher zu einer Fantasy-Geschichte wird oder ob es einfach ein normaler Roman bleibt und dass alles wirklich mit Formeln und Zahlen erklärbar ist. Womit  wir wieder beim Anfang wären: Aus dem Klappentext ist nicht eindeutig zu erkennen, dass die Geschichte so ins Fantastische abdriftet. Natürlich habe ich kein Problem damit, aber ich war da nicht drauf eingestellt, sodass mich das Ganze eher verwirrt hat. Dennoch finde ich die Überlegungen total interessant und trotz der ganzen Zeitverwirrungen hat die Autorin den roten Faden beibehalten und man weiß, wie es am Ende zu dem jeweiligen Ereignis gekommen ist.

Die Wurmlöcher stehen eigentlich im Mittelpunkt der ganzen Geschichte. Dazu kommen noch Gotties Trauer und ihre Freundschaft zu Thomas, die sich in diesem Sommer verändert. Das alles ist irgendwie nicht überzeugend. Vielleicht liegt es daran, dass ich die Protagonistin Gottie nicht leiden kann, aber irgendwie hat mich ihr Schicksal nicht mitgenommen. Ich finde, dass sie die meiste Zeit überreagiert hat und ihr Egoismus und Selbstmitleid sind mir wirklich auf die Nerven gegangen. Nur wenn sie an den Theorien zu den Wurmlöchern gearbeitet hat, hat sie mir gefallen. Viele der Nebenfiguren waren zwar als außergewöhnliche Charaktere angelegt, haben mich aber leider nicht ganz  überzeugt. Es wirkte so, als wären sie gewollt besonders und verrückt gemacht. Nur Thomas und Grey waren wirklich authentische Charaktere.

Schade eigentlich, denn die Autorin hat wirklich einen tollen Schreibstil, der Freude am Lesen bereitet. Außerdem steckt das Buch voller kleiner Weisheiten, die zum Nachdenken anregen und einen Perspektivwechsel hervorrufen. Wie zum Beispiel der Einleitungstext zum ersten Teil:

Die Unschärferelation besagt, dass man entweder wissen kann, wo sich ein Teilchen befindet oder wohin es sich bewegt, nie aber beides zugleich. Dasselbe gilt, wie sich herausstellt, für Menschen. Versucht man es dennoch und schaut ganz genau hin, so tritt der Beobachtereffekt ein. Wer herausfinden will,was vor sich geht, greift in sein Schicksal ein.

 Kommen wir zu meinem Fazit: Wer sich für die Quantentheorie und Wurmlöcher interessiert, ist hier genau an der richtigen Adresse. Das Buch ist wirklich interessant zu lesen, aber man sollte sich nicht zu viele Hoffnungen auf die zwischenmenschlichen Aspekte machen. Auch das Cover sollte nicht ausschlaggebend für den Kauf sein!

Carolin Wallraven, 18 Jahre

 

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