von Kevin Brooks
aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn
dtv, 2017
Taschenbuch, 240 Seiten
ab 14 Jahren
ISBN 978-3423740299
14,95 Euro
„Ich habe es inzwischen bis in den Flur geschafft. Jacke, Mütze, Stiefel, Handschuhe… Kalter Schweiß läuft mir den Rücken runter. Mein Herz pocht, ich schaudere, zittere. Ich kann mich nicht rühren. Ich kann nicht nach draußen. Ich schaffe es nicht. Unmöglich. Ich hab Angst.“
Elliot hat Angst vor allem und jeden, außer seiner Mutter, seiner Tante Shirley und Dr. Gibson. Glücklicherweise gibt es gegen seine Angstzustände Tabletten, die er regelmäßig einnehmen muss.
Eines Tages in der Weihnachtszeit bemerkt Elliot, dass er dringend Nachschub an Tabletten braucht und seine Mutter kümmert sich sofort darum. Jedoch passiert daraufhin ein Missgeschick nach dem anderen: Die Apotheke hat keine Tabletten mehr auf Vorrat und muss neue bestellen, das Auto von Elliots Mutter springt nicht mehr an und sie bittet Tante Shirley die Tabletten abzuholen.
Nach einiger Zeit versucht Elliots Mutter Shirley anzurufen, allerdings geht sie nicht ran. Mittlerweile hat Elliot schon seine letzte Tablette genommen. Schließlich macht sich Elliots Mutter zu Fuß auf den Weg zu Shirleys Haus.
Als Elliot seine Mutter nicht mehr erreicht, bricht er in Panik aus, nimmt seinen ganzen Mut zusammen und begibt sich auf den abenteuerlichen Weg zu Shirley. Nun stellt sich die Frage, ob Elliot diesen, für ihn gefährlichen, Weg überlebt und was ihn bei Shirley erwartet.
Ich bin zwiegespalten, was das Buch angeht. Auf der einen Seite hat mir die Geschichte an sich gut gefallen, weil ich es interessant finde, die Welt durch die Augen einer psychisch kranken Person zu sehen und zu verstehen, wie sehr einen solch eine Erkrankung beeinträchtigen kann. Obwohl das Buch auf dem Cover als Thriller angepriesen wird, finde ich, dass das Buch nichts mit einem Thriller gemeinsam hat. Man könnte meinen, dass es ein Thriller ist, wenn man nur die Geschichte hört. Allerdings hat die immer beständige Angst von Elliot in mir weder Beklommenheit noch Spannung ausgelöst. Ich fand es schlichtweg interessant. Außerdem fand ich es ein bisschen langweilig und eintönig, dass das Buch zu ca. 85% aus den Gedanken von Elliot zu seinen Angstzuständen bestand. Kevin Brooks hat zwar Elliots psychische Erkrankung mit allem „drum und dran“ sehr realistisch dargestellt, jedoch hätte ich mir gewünscht, dass das Ende mehr Platz eingenommen hätte.
Meiner Meinung nach ist dieses Buch besonders gut für Leser geeignet, die Psychologie interessant finden. Ob Thriller-Fans bei diesem Buch auf ihre Kosten kommen, wage ich zu bezweifeln.
Sonja Schmitz, 14 Jahre
Und hier kommt noch eine zweite Meinung zu diesem Buch:
Und ich versuche mir einzureden, dass ich bereit bin, dass ich meine Angst unter Kontrolle habe … aber in Wahrheit bin ich noch genauso in Panik wie vor zwanzig Minuten. Ich will bloß zurück in mein Zimmer und für immer dort bleiben – Das Zimmer ist meine Zuflucht, der einzige Ort, wo ich mich sicher fühle, der einzige Ort, wo ich sein will. (S. 49)
Elliot hat Angst. Nicht nur vor Spinnen oder Ähnlichem, sondern vor Allem. Vor Geräuschen, vor Menschen, vor Dingen. Deshalb verschanzt er sich in seinem Zimmer. Seine einzigen Bezugspersonen, bei denen er gelernt hat, keine Angst zu haben, sind seine Mutter, seine Tante Shirley und sein behandelnder Arzt. Unterdrückt werden die chronischen Ängste durch Tabletten. Doch als die Apotheke die falschen Medikamente liefert, muss seine Mutter an Weihnachten los, um die richtigen bei seiner Tante abzuholen. Doch sie kehrt nicht zurück. Elliot muss seine Ängste im Zaun halten, aus dem Haus gehen und seine Mutter suchen. Er weiß nicht, dass diese zusammen mit seiner Tante entführt wurde.
Der erste Eindruck dieses Thrillers ist positiv, es ist eine interessante und spannende Handlung, die Geschichte wird kompakt auf wenigen Seiten erzählt. Doch an einigen Stellen wird mit den Beschreibungen übertrieben. Der Leser erfährt eigentlich alles über Elliot, angefangen von seiner Geburt, über die Kindheit bis zur jetzigen Situation. Es ist zwar interessant, zu erfahren, wie die Krankheit sich ausbreitet und sich entwickelt, doch einige Sachen wären besser im Dunkeln geblieben und hätten das Geheimnis um Elliot verstärkt. Auch weiß man als Leser nicht, ob man an einigen Stellen weinen oder lachen soll. Der Roman ist voller Situationskomik und miteinander verstrickten Geschichten, es erfolgt quasi eine Verfolgungsjagd auf Elliot von Dorfbewohnern und Schafen. Trotzdem tut einem der Junge Leid, für ihn bedeutet das Hinauswagen in die Welt einen großen Schritt und er wird stets von seinen Ängsten verfolgt. Das Ende der Geschichte kommt plötzlich und ohne große Erklärungen. Es wäre noch interessant zu erfahren, wie es Elliot weiter ergeht und was nun das Ende zu bedeuten hat, aber hier lässt der Autor Kevin Brooks einen im Ungewissen. Ein spannendes Buch, das man in wenigen Stunden oder Tagen lesen kann!
Maike Grabow, 20 Jahre
Und hier kommt noch eine dritte Meinung zu diesem Buch:
Elliot hat schon sein ganzes Leben Angst vor allem und jedem. Er kann nicht mehr aus dem Haus gehen und ist auf seine Medikamente angewiesen, um die Angst in Schach zu halten. Doch dann sind die Medikamente eines Morgens leer und Elliots Mutter muss sich hinaus in den tobenden Schneesturm begeben, um schnell für Nachschub zu sorgen. Elliot bleibt alleine zurück. Als seine Mutter dann aber nicht wieder kommt, steht für Elliot fest, dass er sie suchen muss. Doch wie soll er sich zurechtfinden in einer Welt, die ihm solche Angst bereitet?
Mich hat das Buch sofort angesprochen, da ich das gewählte Thema super interessant finde. Kevin Brooks schafft mit „Born Scared“ einen Thriller, der eigentlich keine wirkliche Spannung braucht, da durch Elliots Sichtweise alles bedrohlich und angsteinflößend wirkt. Man bekommt auch eine vollkommen neue Sichtweise auf die Welt um sich herum, da dem Leser im Buch auch die gruseligen Seiten der normalsten Objekte aufgezeigt werden. Man lernt sich in Elliots Position zu bringen und so seine Ängste zu verstehen. Wer bereits ein Kevin Brooks Buch gelesen hat wird hier sofort seine einzigartigen Schreibstil erkennen. Er experimentiert viel mit Satzstruktur, Satzzeichen und einzelnen Wörtern, um Elliots Gedanken und Gefühle perfekt einzufangen. Seine Panik und Verwirrung haben mich quasi in das Buch gesogen. Natürlich gibt es auch noch, ganz Thriller-like, einen weiteren Handlungsstrang mit „wirklichen“ Bedrohungen, aber dieser steht eher weniger im Vordergrund. Ich fand das nicht wirklich schlimm, da man sowieso immer wissen will, wie es jetzt mit Elliot weiter geht.
Insgesamt ist „Born Scared“ ein sehr besonderes und interessantes Buch, das aus Alltagssituationen durch gekonnte Erzählweise einen perfekten Thriller zaubert. Ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen.
Imke Wellesen, 18 Jahre