von Randall des Sève und Pamela Zagarenski
Knesebeck, 2019
gebunden, 36 Seiten
ab 6 Jahren
ISBN 978-3-957282-58-3
13,00 Euro
Nebenan ist ein neues Mädchen eingezogen. Es heißt Hanna. Das weiß ich, weil unsere Mütter sich heute Morgen begegnet sind und beschlossen haben, dass wir Freundinnen werden sollten. Aber Hanna hat schon einen Freund. Das weiß ich, weil ich die große Kiste gesehen habe.
Die Ich-Erzählerin dieses wunderschönen Bilderbuches ist ein schüchternes kleines Mädchen. Und obwohl sie sich so sehr eine Freundin wünscht, traut sie sich doch nicht, das neue Mädchen, das ins Nachbarhaus gezogen ist, anzusprechen. Stattdessen beobachtet sie genau, was drüben alles passiert. Eine große Kiste wird angeliefert, es riecht nach frischem Toast, man hört Wasser rauschen, Poltern und Hämmern. Und immer wenn das kleine Mädchen sich gerade entschlossen hat, nach drüben zu gehen, passiert wieder etwas Neues im Nachbarhaus. Und dann malt sie sich in ihrer Fantasie verrückte Geschichten aus — bis sie es nicht mehr aushält.
Ich weiß gar nicht, was mich an dieser poetischen Geschichte mehr begeistert, die zarten, pastellfarbenen Bilder, auf denen man so viel entdecken kann und die ihre ganz eigene Geschichte erzählen– oder die Gedanken der kleinen, scheuen Ich-Erzählerin, die sich lieber in ihre Fantasie flüchtet als sich der Realität zu stellen. Das ist sehr nah dran an der Wirklichkeit und behutsam mit einfachen klaren Worten erzählt.
Ob allerdings Kindergarten- oder Vorschulschinder diese Meta-Ebene schon ganz verstehen, daran wage ich zu zweifeln. Doch ist das Thema gut umgesetzt und die Zeichnungen sind sehr kindgerecht und ansprechend, deshalb mochte meine 5-jährige Enkelin das Buch trotzdem, auch wenn sie beim ersten Lesen den Sinn noch nicht ganz erfasst hat.
Monika H.