Vom Ende der Einsamkeit

Coverfoto Vom Ende der Einsamkeit
Copyright: Diogenes

von Benedict Wells
Diogenes, 2016
gebunden, 355 Seiten
ab 15 Jahren
ISBN-13:  978-3-257-06958-7
13,00 Euro

 

„Ich kenne den Tod schon lange, doch jetzt kennt der Tod auch mich“.

Ein großer Satz mit dem Benedict Wells seinen Roman „Vom Ende der Einsamkeit“ einleitet und vor allem die Geschichte von Jules und seinen beiden Geschwistern. Diese wachsen behütet auf, bis ihre Eltern tragisch bei einem Autounfall aus dem Leben gerissen werden.

Die Geschichte wird von Jules Moreau, dem Protagonisten, erzählt, nachdem er aus einem zweitägigen Koma, infolge eines Motorradunfalls, aufwacht.

Nach dem tragischen Ereignis wachsen Jules, Marty und Liz in einem Internat auf. Obwohl sie auf dasselbe Internat kommen, gehen die Geschwister verschiedene Wege und werden sich teilweise fremd.

Jules sucht Zuflucht in seiner Traumwelt, eine Weggefährtin und vor allem Leidensgenossin findet der Ich-Erzähler Jules nur in seiner mysteriösen Mitschülerin Alva. Nicht nur die Liebe zu Musik und Literatur verbindet die beiden, sondern auch die frühe Erfahrung des Verlusts.

Die Geschwister und Freunde werden erwachsen und entwickeln sich zu grundverschiedenen Charakteren. Trotz diesen Unterschieden im Lebensstil und der Entwicklung der Charaktere, finden die Geschwister und Freunde immer wieder zueinander.

Jules versucht sich an verschiedenen Studiengängen und arbeitet auch in der Musikbranche, sein Bruder Marty gründet erfolgreich eine eigene Firma, während Liz sich der Party- und Drogenszene widmet und sich aufgrund Verlust- und Trennungsängste von ihren Brüdern abwendet. Im Fokus ist die individuelle Verarbeitung des abrupten Endes der Kindheit und die Konfrontation mit dem Tod.

Sie alle versuchen ihren Weg zu finden, erwachsen zu werden, trotz wiederholender Vergangenheit und verschiedener Schicksalsschläge.

Meine Meinung:

Das Cover und der Name des Buchtitels könnten an eine kitschige Liebesgeschichte erinnern, doch der Gedanke verfliegt bereits nach den ersten Seiten.

Die Geschichte thematisiert verschiedene Facetten der Kindheit und des Erwachsenwerdens. Der Autor wirft immer wieder verschiedene hypothetische Fragen auf.

Was wäre, wenn die Eltern weiterhin am Leben wären? Was wäre, wenn Jules diesen Brief an seine eventuell große Liebe geschickt hätte? Diese Fragen regen den Leser nochmal zum selbstständigen Hinterfragen an.

Die chronologische Erzählung durch Wells lässt die Schicksalsschläge gut nachzuvollziehen. Durch die schlicht gehaltene Sprache wird dies nochmal unterstützt.

Vor allem gefesselt hat mich die Liebesgeschichte des Ich-Erzählers Jules und Alva. Beide sind auf ihrer eigenen Art und Weise gezeichnet durch den Verlust nahestehender Familienmitglieder. Die daraus folgende Skepsis und Enttäuschung sowohl an das Schicksal und das Leben behindert die Liebesgeschichte durch den ganzen Roman hinweg.

Die Message, dass das Leben endlich ist und dessen Verlauf nur vom Zufall abhängig, findet sich auf jeder Seite wieder und gibt dem Roman eine gewisse Intensität.

„Ich zog dem Schicksal die Maske vom Gesicht und fand darunter nur den Zufall”.

Das Buch packt den Leser und zieht ihn mit einem unwiderstehlichen Sog an sich. Die Art und Weise wie Wells die Emotionen und Erlebnisse der Protagonisten beschreibt, berührt Emotionen. Das Buch ist lebensecht und tiefgreifend.

“Um sein wahres Ich zu finden, ist es notwendig, alles in Frage zu stellen, was man bei der Geburt vorgefunden hat. Manches davon auch zu verlieren, denn oft lernt man nur im Schmerz, was wirklich zu einem gehört… Es sind die Brüche, in denen man sich erkennt.”

Eda Kaygisiz, 20

 

 

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