Cry Baby- Scharfe Schnitte

Coverfoto Cry Baby
Copyright: Fischer

von Gillian Flynn
aus dem Amerikanischen von
Susanne Goga-Klinkenberg
Fischer, 2015
ab 16 Jahren
ISBN 978-3596032020
9,99 Euro

 

Das letzte Wort hieß `verschwinden´“

Camille Preakers Körper ist übersäht mit Wörtern. Wörter, die sie sich jahrelang in die Haut geschnitten hat, bevor sie sich schlussendlich therapieren ließ. Als ihr Chef die junge Journalistin nach Wind Gap, Camilles Heimatort, schickt, um über den Mord an einem kleinen Mädchen und dem Verschwinden eines weiteren zu berichten, muss sie sich den Dämonen ihrer Kindheit stellen …

Ich habe den Roman vor circa einem Jahr auf dem Flohmarkt gekauft und danach stand er in meinem Bücherregal. Als ich dann die Miniserie „Sharp Objects“, die die Verfilmung des Buches ist (was ich erst dann bemerkt habe), geguckt habe, fesselte mich Camilles Geschichte schnell stark. Ich wollte nach jeder Folge wissen, wie es weitergeht und habe mir in meinen Träumen ausgemalt, wie die Geschichte enden könnte. Aber das Ende war so unvorhersehbar und gleichzeitig super logisch, dass ich darauf niemals gekommen wäre. Der Roman und die Serie sind bis auf ein paar kleine Unterschiede sehr gleich und obwohl ich die Geschichte bereits kannte, hat mich das Ende beim Lesen erneut geschockt.

Man kann Camille als Person durch Gillian Flynns sensationellen Schreibstil noch besser verstehen, als in der Verfilmung. Man kann nachvollziehen, wie sie sich fühlt und welche Ereignisse in der Vergangenheit sie zu dem Menschen gemacht haben, der sie nun ist. Trotz des Faktes, dass Camille psychisch nicht ganz stabil ist, ist sie sehr normal und dadurch super realistisch. Sie verhält sich wie ein normaler Mensch, denkt über alltägliche Dinge nach und hat mit normalen Problemen zu kämpfen. Dadurch, dass sie kein unerreichbarer Charakter ist, kann man sich mit ihr identifizieren und sie ist trotz ihrer Fehler sehr sympathisch.

Die Geschichte dreht sich primär um die Mordfälle der beiden Mädchen und was das mit der Bevölkerung Wind Gaps macht, aber auch Camilles Familiensituation und Vergangenheit spielen eine große Rolle. Stück für Stück erfährt man mehr über ihr Leben früher und das „Puzzle Camille“ setzt sich zusammen. Die Mordfälle sind interessant und über diese aus der Sicht einer Journalistin und nicht eines Polizisten zu lesen, ist eher selten und dadurch spannender. Camille erfährt die meisten Informationen erst aus zweiter Hand und muss für sie kämpfen, um an ihre Story zu kommen. Dadurch stehen die Ermittlungen nicht im direkten Vordergrund.

Einzelne Figuren wirken auf den ersten Blick unsympathisch, machen jedoch eine Entwicklung durch und man beginnt sie immer mehr zu mögen. Allerdings ist Gillian Flynn auch in dem Fall unberechenbar, da die Entwicklung der Charaktere nicht immer dann abgeschlossen ist, wenn man es glaubt und die Sympathien genauso schnell wieder verschwinden können, wie sie kommen. Die Darstellung von Camilles Mutter Adora ist meiner Meinung nach die beste, da diese Frau so gut beschrieben wird, dass man sie einfach nur hasst. Ihr Charakter gehört zu den unsympathischsten, die ich je in einem Buch kennengelernt habe. Trotzdem ist sie essenziell für die Geschichte und die Autorin hat sie so gut dargestellt, dass man sich in die Situationen mit Adora hineinversetzen kann und überlegt, wie man sich selbst in solch einer Situation verhalten würde.

Das Einzige, was mir nicht so sehr an dem Roman gefallen hat und was meiner Meinung nach die Verfilmung besser gemacht hat, ist, dass die Autorin nur wenig auf Camilles psychische Krankheit und das daraus resultierende Schneiden eingeht. Man hätte mehr dazu sagen können, wann und wie Camille sich selbst verletzt und wie sie sich dabei fühlt. Zwar werden die Aspekte zwischendurch erwähnt, allerdings hätte man darauf noch einen größeren Fokus legen können.

„Cry Baby – scharfe Schnitte“ gehört definitiv zu den besten Romanen, die ich seit langem gelesen habe und ich werde auf jeden Fall bald auch die anderen Bücher von Gillian Flynn lesen!

 

Mara Frohreich

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