Die Liebesbriefe von Abelard und Lily

Coverfoto Die LIebesbriefe von Abelard und Lily
Copyright: dtv

von Laura Creedle
aus dem amerikanischen Englisch von Barbara Lehnerer
gebunden, 348 Seiten
dtv, 2021
ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-423-76316-5
16,95 Euro

 

Lily ist gut darin Dinge kaputt zu machen. Hier mal ein Glas, da mal ein Teller. Ihr Gehirn ist einfach so voller neuer Ideen und Gedanken, dass es schwer fällt sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren. Eigentlich sollte sie Medikamente nehmen, die ihr ADHS im Schach halten sollen, damit eben nicht immer alles zerstört wird, aber durch die Medikamente fühlt sie sich schrecklich und nichts macht ihr mehr Spaß, weshalb sie sie heimlich absetzt.

Es kommt wie es kommen muss und schon sitzt sie im Büro der Direktorin, da sie angeblich eine ausziehbare Wand in der Schule kaputt gemacht hat. Dabei wollte sie doch nur wissen, wer am Mechanismus auf der anderen Seite gerappelt hat. Wie sich herausstellt, war das Abelard, der auch prompt die Schuld auf sich nimmt. Er hatte gehört, dass die Zahnräder in der Wand verrostet waren und wollte sie reparieren.

Darin ist Abelard ziemlich gut. Er repariert Dinge, baut Roboter und ist generell super schlau. Dafür ist er ziemlich mies, wenn es darum geht ein Gespräch in Echtzeit zu führen. Da er das Asperger-Syndrom hat, fällt es ihm oft schwer, die Reize in seiner Umwelt richtig zu verarbeiten. Nähe und Berührungen setzten ihn unter Druck und doch ist es ausgerechnet die quirlige Lily, die er an sich heran lässt. Zuerst schreiben sie sich nur Nachrichten, inspiriert durch die Liebesbriefe von Abelard und Heloise, doch nach und nach entwickeln sich eine tiefe Zuneigung zwischen den beiden, die Berge versetzen zu scheint.

Dieses Buch ist wirklich eine herzerwärmende Liebesgeschichte. Es ist unglaublich schön mit zu verfolgen, wie Abelard und Lily sich zunächst kennen lernen und dann in einander verlieben. Grade zu Beginn war Lily voller Selbstzweifel. Ihr Leben lang wurde ihr eingeredet, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung ist. Ihre Mutter schleppt sie von einem Neurologen zum nächsten, ständig soll sie neue Medikamente bekommen, die doch alle dieselben Nebenwirkungen haben. In der Schule werden ihr ständig Steine in den Weg gelegt und sie scheint einfach alles falsch zu machen. Natürlich bekommt man da das Gefühl, irgendwie kaputt zu sein, oder gebrochen.

Doch dann ist da Abelard, der sie perfekt findet, so wie sie ist. Er will sie nicht verändern oder ihr irgendwie “helfen“ damit sie „normal“ sein kann. Er ist einfach für sie da und öffnet sich ihr, obwohl das für ihn selber auch gar nicht so einfach ist. Ich glaube, jeder stellt sich mal die Frage „wer könnte mich schon lieben?“.

Die Geschichte von Abelard und Lily zeigt auf wundervolle Weise, dass es für jeden Topf einen Deckel gibt und dass irgendwann jemand kommt, der genau das liebt, was man selber vielleicht an sich nicht ganz so toll findet. Besonders gut hat mir außerdem gefallen, dass die Geschichte auf sehr ruhige und besonnene Weise darauf aufmerksam macht, wie schwer es neurodiversen Kindern und Jugendlichen an der Schule immer noch gemacht wird. Sie werden in ein System gepresst, was nicht für sie geschaffen wurde und es wird meiner Meinung nach höchste Zeit, dass zu ändern und das Konzept Schule etwas besser auf die Bedürfnisse sämtlicher Schüler anzupassen.

Sky Opiolka, 19 Jahre

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert