von Katharina Hartwell
Loewe, 2020
gebunden, 611 Seiten
ab 14 Jahren
ISBN 978-3-7432-0366-2
19,95 Euro
Edda Velt lebt in Colm, einem kleinem Fischerdorf auf dem Festland. Sie und ihr Bruder Tobin wohnen hier bei ihrem Adoptivvater Ruben und führen ein recht einfaches Leben. Die Produktion des Stoffes Colmin aus den Colminfischen hält dieses Dorf am Leben, und die Fischer haben eine hohe Stellung hier. Zusätzlich zu den Folgen der Massenproduktion bei der Herstellung des Colmins und der existierenden Kinderarbeit, kommt auch noch hinzu, dass Edda und Tobin durch ihre Adoption von den anderen Kindern nicht anerkannt werden. Auch ihr Freund Teofin wird von der Gesellschaft ausgeschlossen. Doch in den Kaltwochen müssen sie alle zusammenhalten.
Die Kaltwochen sind die schaurigen Wochen des Jahres, in denen im Dorf mysteriöse Dinge vor sich gehen. Jedes Jahr in den Kaltwochen verschwindet ein Kind, manchmal ein Junge, manchmal ein Mädchen. Zuerst glauben die Dorfbewohner an die Tat eines Flüchtlings oder Suizidgefährdeten. Doch schnell wird dies entkräftet und auch Edda kennt die eigentliche Wahrheit: Die Kinder werden vom Meer geholt.
Als in diesem Jahr ihr Bruder Tobin verschwindet, ist Edda in Aufruhr. Denn obwohl die Angehörigen der Verschwundenen sich immer Mühe geben, das Kind wiederzufinden, haben sie jedoch noch nie ihre Segel gesetzt und sind zu den fernen und gespenstischen Inseln gefahren. Doch Edda kann nichts stoppen…
Colm hat mich direkt an die Dörfer um den Viktoriasee in Afrika erinnert. Auch dort gibt es einen bestimmten Fisch, den Viktoriaseebarsch, wegen dem die Dörfer arm sind, die Kinder arbeiten müssen oder obdachlos sind. Die Fischer fahren nur hinaus, um diesen speziellen Fisch zu fangen, obwohl sie wissen, dass sie dabei ihr Leben riskieren. Diese afrikanischen Dörfer haben ihr ganzes Leben einem Fisch gewidmet, aber was ist, wenn der Fang nicht gut ausfällt?
Auch in Colm sind die Lebensqualitäten eher mittelmäßig bis schlecht. Natürlich, weil es ja ein Jugendbuch ist, nicht so schlimm wie am Viktoriasee, und doch hat es mich direkt daran erinnert.
Natürlich ist die Welt, die Katharina Hartwell kreiert hat, fantasievoller, denn es gibt bestimmte Fabelwesen, wie zum Beispiel eine Hexe. Auch die Idee hinter der Geschichte, also die der verschwundenen Kinder, ist sehr gut. Sie erzeugt eine gewisse Spannung und hält die Dramaturgie aufrecht, denn immer bleiben die Fragen: Findet Edda Tobin? Rettet sie die Kinder?
Für ein Kinderbuch sehr spannend, für ein Jugendbuch gerade richtig, ist das Buch eine sehr gute Mischung aus Fantasie und Spannung. Ich würde es allerdings eher Älteren empfehlen, da manche Szenen sehr ernst sind und man sie (leider, da sie von Armut und Leid nur so strotzen) auf die heutige Welt beziehen kann.
Die Charaktere sind sehr ansprechend und passen richtig ins Bild. Sie haben gut ausformulierte Charakterzüge und jede Handlung wird früher oder später erklärt und, da Edda selbst noch ein Kind ist, werden auch viele grundlegende Dinge, wie zum Beispiel die Geschichte der Inseln und das Leben dort, ausreichend erklärt und für jedermann verständlich dargelegt.
Auch der Schreibstil ist super flüssig und ein richtiger page-turner (wobei natürlich auch der Spannungsbogen des Buches eine Rolle spielt). Das Cover fand ich okay. Ich finde, dass man den Hintergrund, also das Blaue mit den gezeichneten Wellen vielleicht irgendwie anders hätte gestalten können, aber das ist meine subjektive Meinung. Mal schauen, wie ihr es findet…
Ich finde das Buch spitze und es hat mich sehr nachdenklich gemacht, da man manche Zustände der Charaktere auf das alltägliche Leben einiger Menschen hier auf der Erde beziehen kann.
Obwohl ich durch das Cover und die ersten Seiten dachte, dieses Buch wäre nichts für mein Alter, wurde ich positiv überrascht und finde es im Nachhinein sogar für Ältere besser, da es sehr nachdenklich stimmt (natürlich nur wenn man das Vorwissen hat). Ich finde es richtig gut verfasst und es war bis zur letzten Seite sehr spannend. Super!
Sophie Heuschkel, 14 Jahre