Dunbridge Academy-Anywhere

Coverfoto Dunbridge Academy
Copyright: Lyx

von Sarah Sprinz
Taschenbuch, 463 Seiten
LYX, 2022
ab 16 Jahren
ISBN: 978-3-7363-1655-3
12,90 Euro

Als Emma ihr Auslandjahr an der Dunbridge Academy in Schottland beginnt, hat sie eine klare Mission: mehr über ihren Vater herauszufinden. Ihren Vater, der sie verlassen hat, als sie ein Kind war. Ihren Vater, dem Musik und Freiheit schon immer wichtiger waren als seine Familie. Ihre Eltern haben sich damals auf dem Internat kennen gelernt und sie hat die Hoffnung, hier in Schottland mehr über ihn zu erfahren. Denn obwohl es sie verletzt, dass er sich nie genug für sie interessiert hat, um auch nur mal anzurufen, gibt es einen Teil in ihr, der mehr über ihn wissen will. Für diesen kleinen Teil reichen der Wikipedia Artikel über Jacob Wiley und die ausweichenden Antworten ihrer Mutter einfach nicht aus.

Der Plan ist einfach: keine Ablenkung, kein Drama, einfach ein Jahr auf die Schule gehen und versuchen, so viel herauszufinden wie möglich, denn laut Wikipedia ist Jacob zurück in Schottland. Vielleicht kann sie ihn ja sogar treffen. Doch dann trifft sie gleich im Flughafen auf Henry und schon bald wird ihr klar, dass „Keine Ablenkung und kein Drama“ gar nicht so leicht wird. Denn Henry ist nett, zuvorkommend, sieht wahnsinnig gut aus und irgendwie versteht er sie von Anfang an. Selbst dann, wenn sie keinen klaren Satz mehr rausbringt, weil ihr Kopf voller Chaos ist und sie eigentlich nur noch rennen will, versteht er sie.

Er versteht, dass sie immer noch das kleine Mädchen ist, das Jacobs Zug hinterher rennt und das seit diesem Tag nicht mehr aufhören kann zu rennen. Er versteht sie und er ist perfekt. Aber er hat eine Freundin. Grace. Und sie ist genauso nett und genauso perfekt. Und Emma will sich wirklich nicht zwischen die beiden Drängen, doch auch Henry sucht ihre Nähe. Wie Magnete ziehen sie sich an, ohne das sie etwas dagegen tun könnten. Wie lange wird es wohl dauern, bis das sensible Gleichgewicht an der Dunbridge ins Wanken gerät?

Die Geschichte ist abwechselnd aus der Sicht von Emma und Henry geschrieben, was mir sehr gut gefallen hat, da man so einen richtig guten Einblick in die Gedanken der beiden bekommt, aber auch sieht, wie sie das Verhalten des jeweils anderen auffassen. Die Konflikte, die im Inneren der beiden toben, sind wahnsinnig gut ausgearbeitet und so lebensnah, dass es einen beim Lesen beinahe zerreißt. Henry zum Beispiel möchte Grace auf keinen Fall verletzen. Die beiden sind seit knapp drei Jahren zusammen und ihre Beziehung gibt ihnen so viel Stabilität und Sicherheit. Aber er merkt auch immer deutlicher, dass sie eigentlich nur noch aus Gewohnheit zusammen sind. Sie streiten nicht, reden aber auch nicht wirklich miteinander. Natürlich ist er gerne mit ihr zusammen und war auch lange glücklich in der Beziehung, aber Emma zeigt ihm, dass Liebe so viel mehr sein kann und so viel mehr sein sollte. Und doch fühlt er sich einfach schrecklich, bei dem Gedanken mit Grace Schluss zu machen.

Emma auf der anderen Seit wollte sich nie zwischen sie drängen. Sie wollte ja nicht einmal wirklich Freunde finden, da sich das für ein Jahr sowieso nicht lohnt. Sie wurde schon zu oft enttäuscht, da kann sie es sich echt nicht leisten für so kurze Zeit neue Menschen in ihr Herz zu lassen. Denn dass sie länger im Internat bleibt, kommt nicht in Frage. Elite Internat, teure Uni und dann Karriere würden nur dafür sorgen, dass sie wird wie ihre Mutter, die zwar im Gegensatz zu ihrem Vater da ist, aber nie Zeit für sie hat. Erst in Schottland wird ihr langsam klar, dass ihre Mutter gar nicht die verbitterte Frau ist, die von ihrem Mann verlassen wurde und sich nun in die Arbeit stürzt. Sie hat sich ein Leben aufgebaut, auf das sie stolz sein kann. Ein Leben, für das es sich in ihren Augen zu leben lohnt und Emma merkt, dass sie das auch für sich erreichen möchte.

Diese Veränderung in den Charakteren zu beobachten, ist wahnsinnig spannend und doch nur die Spitze des Eisberges, die dieses Buch zu bieten hat. Neue Freunde, ein schockierender Todesfall, der gruselige Englischlehrer und die Vergangenheit von Emmas Eltern an der Academy sorgen dafür, dass man das Buch als Leser kaum aus der Hand legen möchte.

Ann-Kathrin Opiolka, 20 Jahre

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