Es. Ist. Nicht. Fair.

Coverfoto Es ist nicht fair
Copyright: dtv

von Fox Benwell
aus dem Englischen von Ute Mihr
dtv, 2018
Taschenbuch, 342 Seiten
ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-423-62678-1
10,95 Euro

Der 17-jährige Sora leidet an ALS, einer Nervendegeneration, die zur Folge hat, dass er im Laufe der Zeit immer weniger Kontrolle über seinen Körper haben wird. Zu Beginn sind nur seine Beine schwach und nutzlos, aber Sora weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Krankheit sich auch den Rest seines Körpers holt. Öffentliche Spaziergänge mit seiner Mutter, die den Rollstuhl schiebt, werden für ihn zur Qual. Immer wieder muss er die mitleidigen Blicke der Passanten ertragen und fühlt sich wie eine schwere Last, die seiner Mutter auferlegt wurde. Die einzige Hoffnung für ihn ein normaler Junge zu sein, liegt in den öffentlichen Chaträumen. Hier kann er bestimmen, was in seinem Profil steht. Hier bestimmt er, was die Leute sehen, nicht die Krankheit. Hier ist er keinen mitleidigen Blicken ausgesetzt und findet sogar Freunde. Nach einiger Zeit wagt er den großen Schritt und lernt ein paar Chatfreunde persönlich kennen, und nach einigen Anlaufschwierigkeiten verstehen sie sich super. Sie gehen Eis essen, in Parks spazieren und haben viel Spaß. Doch nach wie vor schwebt über allem die Krankheit. Sora will nicht als Gefangener seines Körpers enden, unfähig sich zu bewegen, aber bei vollem Bewusstsein. Doch wie soll er diesem Schicksaal entkommen? Können seine Freunde ihm helfen? Gibt es Hoffnung für Sora?

Sora ist ein fantastischer Charakter und man erhält einen sehr detaillierten Einblick in seine Gedanken und Gefühle. Man bekommt einen Blick dafür, wie es ist, mit einer schlimmen Krankheit zu leben und zu wissen, dass es immer schlimmer werden wird und man am Ende stirbt. Sora hat schreckliche Angst, seiner Mutter zu Last zu fallen und sie zu verletzen. Ich finde allein schon das zeigt, was für ein wundervoller Mensch er ist, da er trotz all seines Leides zuerst an seine Mutter denkt. Außerdem gibt er nicht auf und findet trotz seiner Krankheit einen Weg, um mit Gleichaltrigen in Kontakt zu treten. Er ist sogar so mutig, sie zu sich einzuladen, was dann ja die Krankheit offenbart. Gut hat mir persönlich auch gefallen, dass das Buch zeigt, dass Menschen ihre Vorurteile überwinden können. Seine Freunde waren zuerst geschockt von seiner Krankheit und sind weggelaufen, aber sie sind zurück- gekommen und haben sich auf die Freundschaft mit Sora eingelassen. Das finde ich eine sehr wichtige Botschaft, da viele Menschen vor Behinderungen und Krankheiten zurückschrecken und nur die Krankheit sehen und nicht den Menschen dahinter. Das ist schade, da es sich auch um Menschen handelt, die Gefühle, Wünsche und Träume haben, die Beachtung verdienen. Die Geschichte von Sora zeigt dies auf sehr einfühlsame Weise.

Dennoch ist die Geschichte nicht durchweg positiv. Man lernt vor allem auch die Verzweiflung und Angst von Sora kennen. Er hat schreckliche Angst davor, irgendwann nutzlos zu sein und nur noch rumzuliegen, ohne seine Gedanken mit jemandem teilen zu können. Er will auf keinen Fall so enden, sieht jedoch auch kaum einen Ausweg. Die Reise zur Sterbehilfe in die Schweiz wäre von Japan aus zu teuer. Außerdem weiß er nicht, ob er das seiner Mutter antun könnte. Allerdings sieht er auch keinen anderen Ausweg. Er möchte den Zeitpunkt und Ort seines Todes selbst bestimmen und nicht irgendwo auf einer Intensivstation vor sich hinvegetieren und auf das quälende Ende warten. Soras innere Zerrissenheit wird wunderbar verständlich dargestellt.

Sterbehilfe ist ein sehr kontrovers diskutiertes Thema und in vielen Ländern verboten. Dieses Buch zeigt aus der Sicht eines Kranken, wie hart es sein kann, nicht selbst (auf legalem Wege) den  Zeitpunkt des Todes bestimmen zu können. Ich persönlich finde es sehr wichtig, sich mit dieser Sichtweise zu beschäftigen, obwohl es natürlich nicht einfach ist. Aber man muss alle Seiten betrachten und dieses Buch vermittelt den Wunsch eines Jungen, der nicht im Elend dahin siechen will, auf wirklich einfühlsame und mitfühlende Weise und ist daher absolut empfehlenswert.

Ann-Kathrin Opiolka, 16 Jahre

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