Loveless

Coverfoto Loveless
Copyright: Harper Collins

von Alice Oseman
Harper Collins, 2020
Taschenbuch, 433 Seiten
ab 12 Jahren
ISBN: 978-0-00-824412-5
6,99 Euro

engl. Originalausgabe

“I felt like I was grieving. I was grieving this fake life, a fantasy future that I was never going to live.  I had no idea what my life would be like now. And that scared me. God, that scared me so, so much.”

Georgia hat noch nie jemanden geküsst. Sie ist auch noch nie in einer Beziehung gewesen. Sie sehnt sich verzweifelt nach der tiefen Verbundenheit, nach der aufregenden Romantik, die all die Figuren in den Filmen, Serien und Fanfictions, die sie so sehr liebt, zu haben scheinen. Deshalb beschließt sie, sich in ihrem ersten Jahr auf dem College neu zu erfinden. Sie möchte neue Leute kennenlernen und neue Erfahrungen machen und am lieben würde sie ihre große Liebe finden, mit der sie den Rest ihres Lebens verbringen kann. Leider muss sie lernen, dass das mit dem neu erfinden nicht ganz so einfach ist wie sie es sich vorgestellt hat, und dass sie vielleicht nicht die Person ist, die sie immer sein wollte.

Gegensätzlich zu dem, was der Titel und das Cover des Buches vermuten lassen ist Loveless keine Liebesgeschichte. Also, nun ja, schon. Loveless ist ein Buch über Liebe. Aber wahrscheinlich nicht so, wie die meisten denken werden. Es geht nicht darum, seine einzige wahre lebenslange Liebe zu finden, es gibt keinen romantischen Kuss im Mondlicht, keine rosarote, verliebte Brille. Stattdessen geht es darum, was genau Liebe ist. Dass Liebe für seine Freunde genauso wichtig ist, wie Liebe für romantische Partner. Dass das Ziel im Leben nicht immer sein muss verheiratet zu sein und Kinder zu haben, sondern dass jeder seinen eigenen Weg finden muss.

Loveless ist eine coming-out Geschichte, aber auch hier vielleicht anders als man erwartet. Ich finde es immer schön, Bücher mit LGBTQIA+ (hier mit besonderem Fokus auf dem A) Repräsentation zu lesen, da es trotz der vielen Fortschritte in unserer Gesellschaft doch immer noch sehr wenig Bücher und Serien mit queeren Charakteren gibt. Da Alice Oseman selber zum Spektrum gehört, fühlen sich die Erfahrungen auch nie unecht an, sondern sind sehr überzeugend und ergreifend geschrieben. Ich konnte mich sehr gut in die Probleme aller Charaktere hineinversetzen und über die gesamte Story hinweg wurde man immer mehr von den Gefühlen mitgenommen. Es wird nicht auf Klischees zurückgegriffen, sonders alle Personen fühlen sich sehr dreidimensional an. Durch winzige Details (wie zum Beispiel Rooney’s Farn oder Jasons Liebe für Scooby-Doo) und ihre Interaktionen lernt man langsam alle Akteure immer mehr zu lieben.

Ich denke Loveless ist außerdem ein Buch, welches Dinge ausspricht, die viele Menschen hören sollten. Egal ob es Menschen sind, die mit ihrer Identität kämpfen oder einfach nur normale Außenseiter, oder Angehörige, die diese jeden Tag in Unsicherheit über ihre Gefühle stürzen ohne es zu merken oder zu wollen. Man kann dem Text deutlich entnehmen wie sehr Alice Oseman selber mit diesen Erfahrungen ringen musste. An einigen Stellen musste ich das Buch wirklich aus der Hand legen, weil Szenen mich einfach zu sehr mitgenommen haben. Georgias Gefühle sind überwältigend und der Schreibstil bringt das wirklich sehr gut rüber. Auch sie muss akzeptieren, dass ihr Leben nicht so sein wird, wie sie es sich immer vorgestellt hat.

Genauso wie Oseman es schafft, die Gesamtheit der Niedergeschlagenheit und Angst in Georgias Weg darzustellen, schafft sie es aber auch, die gesamte Freude der glücklichen Momente einzufangen. Es wird sehr deutlich, wie nahe die Freunde sich stehen und das Ende des Buches (ohne zu viel vorweg nehmen zu wollen) ist sehr hoffnungsvoll und wunderschön geschrieben.

Ich weiß eigentlich gar nicht so wirklich, was ich über das Buch sagen kann, außer vielleicht dass man es unbedingt gelesen haben sollte. Auch wenn es an vielen Stellen etwas überfordernd sein kann denke ich, dass sich viele Leute des Spektrums in den Zeilen wiederfinden können und auch Außenstehende noch einiges von Georgias Erfahrungen lernen können.

Imke Wellesen, 21 Jahre

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